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Alles am Fluss

Eine Stadt braucht einen Fluss. Flüsse machen Landschaft und haben eine magische Anziehungskraft. Eine Flusstour mit unbestimmtem Ziel war deshalb mein Sonnabend-Plan. Immer an der Elbe und an der Moldau entlang bis zu irgendeinem hübschen Hotel kurz vor Prag, geschätzte 250 Kilometer bei strahlendem Sonnenschein. 400 wurden es schließlich.

Der Einstieg war schnell erledigt, schon südlich der Kreisstadt Pirna entsprach die Tour genau dem Plan. Die Bundesstraße zur Grenze bei Schmilka schlängelt sich an der Elbe entlang, mal hoch oben, mal fast auf Flussniveau. Nach 50 Kilometern der erste Stopp, die Villa Thusnelda in Schmilka lockt mit frisch gebrühtem Kaffee und leckeren Speisen. Das top sanierte Haus war früher mal DDR-Grenzstation, jetzt ist es ein liebevoll eingerichtetes Café mit bestem Ausblick elbauf- und elbabwärts. Nur die Preise muss man mögen – weil´s bio ist sind dort Schnäppchen eher selten.

Die Villa Thusnelda lädt zur Pause in Schmilka ein.

Danach führt die Tour schnell nach Děčín. Dort bleiben wir östlich der Elbe. In zwei Kreisverkehren muss man dabei die richtige Ausfahrt in Richtung Ústí und weiter zur Bischofsstadt Litoměřice finden. Die Straße führt jetzt fast immer direkt an der Elbe entlang, die in Tschechien Labe heißt. Auch auf der anderen Flussseite verläuft eine Straße, sie ist aber deutlich befahrener, auch von vielen großen Lastern. Hat man sich vertan, bietet sich die Gierseilfähre in Velké Březno für einen Seitenwechsel an. Das kleine Örtchen ist etwa 15 Kilometer von Děčín entfernt.

Seitenwechsel – hier geht das ganz gemütlich.

Gleich danach erreichen wir Ústí. Hier helfen die Wegweiser nach Litoměřice, die richtigen Straßen zu finden und es geht weiter östlich der Elbe bis zur Burg Schreckenstein (Hrad Střekov).

Überfahrt am Schreckenstein, L. Richter

So lauschig, wie auf dem berühmten Gemälde von Ludwig Richter ist es da schon lange nicht mehr. Direkt am Fuß des Felsens, auf dem die berühmte Burg in etwa 100 Metern Höhe thront, befindet sich ein riesiges Wehr – die letzte tschechische Elbestaustufe vor der Grenze zu Sachsen. An beiden Ufern der Labe hat sich dahinter ein hübsches Naherholungsgebiet entwickelt – mit Campingplätzen, Bootsanlegestellen, kleinen Restaurants. Durchaus eine Gegend, in der man bleiben kann.

Links das Wehr, rechts die Burg Schreckenstein. Die Romantik bleibt auf der Strecke.

Meine Tour ging aber weiter nach Leitmeritz (Litoměřice). Nach knapp 120 Kilometern Fahrstrecke ist die Stadt am Zusammenfluss von Elbe und Eger erreicht. Das historische Zentrum ist sehenswert, bestens erhalten. Daran schließt sich unmittelbar das Gelände um den St. Stephansdom mit seinem frei stehenden und alles überragenden Turm an. Auch dieses Städtchen ist eigentlich einen Extrabesuch wert.

Das Wahrzeichen von Leitmeritz, der freistehende Turm des Stephansdoms.

Nun ist es nicht mehr weit bis Mělník. Knapp 50 Kilometer sind es noch, folgt man allen Windungen der Elbe. Roudnice nad Labem kann man aber getrost rechts liegen lassen. So werden daraus knapp zehn Kilometer weniger und bald schon grüßt der Turm der Propsteikirche St. Peter und Paul, die direkt neben dem Schloss Mělník steht. Leider haben die Tschechen ein paar riesige Kraftwerke und Chemiebuden in die Gegend gestellt – auch so eine Eigenart von Flüssen, dass genau dort oft besonders gruselige Industriebauten stehen. Gewiss nicht nur, weil Wasser gebraucht wird oder Rohstoffe per Schiff gebracht werden…

Die kleine Stadt hoch über dem Zusammenfluss von Moldau und Elbe hat knapp 20.000 Einwohner und ist Zentrum des wichtigsten Weinbaugebiets Tschechiens. Hier lohnt es sich unbedingt, das Motorrad abzustellen und ein paar Schritte zu gehen. Alles ist schnell erreichbar, parkt man zum Beispiel auf dem fast quadratischen Marktplatz. Und wirklich beeindruckend ist der Blick vom Schlossberg hinunter zum Zusammenfluss von Labe und Vltava (Elbe und Moldau). Die Elbe ist hier übrigens schmaler als die Moldau und gleich neben der Moldau verläuft noch ein Kanal.

Links (nicht sichtbar) kommt die Elbe, sie fließt mit der Moldau zusammen. Rechts der Moldau-Kanal.
Die Elbe, Blickrichtung Norden, ist nun ein ganz ansehnlicher Fluss.

Etwa 30 Kilometer sind es  nun noch bis Prag. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass ich auf dem Weg dorthin an der Moldau noch ein passendes Hotel finden würde. Aber nach einer Marina, in der man mir keinen Übernachtungsplatz anbieten wollte und einem gruseligen Plattenbauhotel kurz vor den Toren Prags habe ich die Reißleine gezogen und das Vorderrad nach Norden gedreht. So dauerte es nicht viel mehr als eine Stunde bis Dresden. Der schönste Abschnitt war dabei der noch nicht fertiggestellte Teil der Autobahn zwischen Dresden und Prag, das etwas mehr als 15 Kilometer lange Stück von Lovosice bis kurz vor Teplice. Dresden/cs

Schloss Melnik mit der Kirche und der alten Elbbrücke.