St. Petersburg (cs). Sunshine Skyway. Was für ein Name. Kleiner als supergroß gehts nicht in den USA. In diesem Fall ist das aber wirklich gerechtfertigt. Diese Strecke über die Tampa Bay, die übrigens 1,25 Dollar Maut kostet, ist mindestens so sehenswert wie die 7-Meilen-Brücke, über die die US 1 nach Key West führt. Fast sieben Kilometer lang ist die Brücke samt ihren Zufahrten und 53 Meter hoch überspannt das Betonband an zwei 131 Metern hohen Pylonen hängend die Bucht. Halten ist nur im Notfall erlaubt. Hier hätten die Amis gern noch beiderseits Fotoparkplätze bauen dürfen. So wird der Versuch, das architektonische Highlight vom Motorrad aus zu fotografieren, schnell auch zum artistischen Highlight. Zum ersten Mal habe ich dabei den Tempomaten der Harley schätzen gelernt. So war die rechte Hand frei fürs Fotografieren.
Fast 370 Motorradkilometer stehen heute im Fahrtenbuch. Von Everglades City gings zunächst unter immer noch grauen Wolken auf dem Tamiami Trail nach Westen. Schon nach rund 30 Kilometern wurde die graue Wolkendecke löchrig und in Naples schließlich schwebten nur noch ein paar weiße Fotowölkchen unterm herrlich blauen Himmel. Immerhin blieb den Zeitungskollegen im Tourziel St. Petersburg, der „Sunshine City“, so ein Kraftakt erspart, der laut Reiseführer immer dann ansteht, wenn die Sonne mal 24 Stunden lang nicht zu sehen war. Dann muss die Lokalzeitung schon am Nachmittag um 15 Uhr fertig sein und kostenlos abgegeben werden. Da müssen die Kollegen eben mal eine Schippe drauflegen (woher kenne ich diesen Spruch nur???).
Die E-Glide durfte heute richtig rennen. Bei satten 65 Meilen pro Stunde saugte sich die Tachonadel gelegentlich fest, auf Interstates (also „richtigen“ Autobahnen) sollen sogar 75 Meilen (120 km/h) erlaubt sein. Solche Straßen lässt man als Motorradfahrer aber besser links liegen. „You see nothing!“, umschrieb ein freundlicher Ami diese aus hiesiger Sicht geradezu irrsinnige Raserei. Mit den erlaubten 65 Meilen pro Stunden gelang es mir, am Rand der „41“ nahe den Everglades einen Adler zu entdecken. Der Maximalzoom der Minikamera belegt hoffentlich, dass es sich tatsächlich um einen solchen Raubvogel handelte (siehe Foto am Ende des Beitrags)?!?
In Naples fielen vor allem die unzähligen Golfplätze auf und der Bienenfleiß, mit dem jede Menge dienstbare (oft schwarze) Amis auf Riesenrasenmähern ständig – auch am Rand der Grüns – dafür sorgen, dass alles wie vom Starfrisör persönlich glattgeschnippelt aussieht. Nicht eben naturnah, aber dennoch beeindruckend.
Und Richtung Tampa wurde der Verkehr zunehmend dichter. Wilkommene Abwechslung im stop-and-go an vielen Ampeln war schließlich die Tour auf dem Sunshine Skyway. Den Tag beendete schließlich eine Besuch bei freundlichen Amerikanern in Clearwater, denen ich einen Brief aus Dresden zu überbringen hatte. Bei dieser Gelegenheit habe ich gelernt: Die Amis sind gar nicht (alle) größenwahnsinnig. Für diese Erkenntnis danke ich Theresa und William, der eigentlich Moe genannt wird.
Nach der fast 100 Dollar teuren Unterkunft in Everglades City (dank Gemeinschaftsbad und -toiletten mit dem Charme einer Jugendherberg), schätze ich das Satellites Motel in St. Petersburg um so mehr. Aus dem Fenster der kleinen Küche kann man den Golf von Mexiko sehen, aus dem großen Fenster samt Tür und Balkon zum Motelhof hin den Pool. Und das kostet hier 56 Dollar. Ein Schnäppchen!