Traurig – die „Artur Becker“ steht seit knapp zwei Wochen zum Verkauf. Die Verwertungsgesellschaft des Bundes, die VEBEG, sucht im Auftrag der Hansestadt Greifswald Interessenten für das 1951 in Roßlau an der Elbe gebaute Schiff. Fast 20 Jahre lang lag es zuletzt im Hafen in Greifswald Wieck. Der Tauchsportclub Greifswald war Betreiber des Schiffs und vermittelte Tauch- und Angeltouren auf der Ostsee.
Mehr als zehn Jahre lang war das Schiff im Oktober oder November für eine Dresdner Anglertruppe Treffpunkt mit Berliner Hobbyfischern. Gemeinsam ging es auf Dorschjagd vor der dänischen Insel Bornholm. Mal wurde gut gefangen, in anderen Jahren gar nichts. Die Besatzung des Schiffes bot Rundumversorgung inklusive Vollverpflegung durch Küche und Bar. 2009 erfuhren die Dresdner erstmals vom drohenden Aus für diese Touren. Grund: Neue Überlegungen bei der See Berufsgenossenschaft (See-BG), so die Verantwortlichen des Tauchsportclubs, die die Einstufung und damit die Wirtschaftlichkeit des ehemaligen DDR-Schiffs infrage stellten.
Und dieses Szenario wurde Tatsache: Im Frühjahr 2010 gab der Tauchsportclub auf und stellte den Schiffsbetrieb ein. Weil auch die Kassen der Stadt Greifswald klamm sind und kein neuer Betreiber in Sicht ist, will die Stadt das Schiff nun loswerden. Bis Ende des Monats werden Gebote für das Schiff entgegengenommen. Findet sich kein Käufer, wird die „Artur Becker“ verschrottet!!!
Sechs Menschen haben dank der Behördenentscheidung ihre Arbeit verloren, darunter Kapitän Karl-Heinz Hanke, der laut VEBEG nun auch noch Kaufinteressenten für Schiffsbesichtigungen zur Verfügung stehen muss. Die Dresdner Schiffsgäste bedauern diese Entwicklung sehr, zumal sie sich auf der „Artur Becker“ immer sicher gefühlt haben, nicht nur im strahlenden Sonnenschein vor Rügen, sondern auch bei stürmischer See im Schneetreiben, weit entfernt vom Festland. Die rund 1500 Euro, die die Dresdner Jahr für Jahr in Greifswald ausgegeben haben, wandern nun nach Polen…
- Hier kann die komplette Ausschreibung zum Verkauf der „Artur Becker“ gelesen werden.
- Informationen dazu, wie es zum Aus für das Schiff kam und wie sich die Verantwortlichen bemüht haben, das zu verhindern, stehen auf der Internetseite des Tauchsportclubs und haben auch die Ostsee-Zeitung beschäftigt.
Nachtrag vom 6. Februar 2010: Hier kann nachgelesen werden, wie die Stadt Greifswald den Verkauf begründet und mit welchen Einnahmen sie dabei rechnet.
Ein Bild aus besseren Tagen. Der Autor mit Rute im Jahre 2005.
Mir ist noch nicht klar, was die See-BG dazu veranlasste das Schiff außer Dienst zu stellen?
Wie genial wäre diese Location für CoWorking an der Küste? Workshops für gestresste Manager mit einem Konglomerat an Kreativen an Bord, um komplexe Probleme in ihren Unternehmen ganz anders zu lösen?
Der Grund waren unterschiedliche Schiffsklassifizierungen in Ost und West vor der Wende, die zunächst dazu führten, dass die Nutzung der „Artur Becker“ in der letzten bekannten Form so etwas wie Bestandsschutz hatte. Der kippte dann wohl, nachdem das Greifswalder Schiff vor Rügen von einem polnischen Frachter gerammt wurde und die See-BG mal wieder die Papiere des Tauch- und Angelschiffs überprüfte. Die kulante Auslegung, auf deren Basis seit der Wende gehandelt wurde, wurde da ad acta gelegt, so die Verantwortlichen in Greifswald. Vergleichbar ist das mit der Frage, ab welcher Fahrgastzahl Busse als solche gelten und nur auf Basis eigener Gesetze gefahren werden dürfen.