Einer links, einer rechts, immer schön auf Abstand, vorn ein erfahrener Guide und hinten ein Lumpensammler – so funktionieren Gruppenfahrten. So weit, so gut. Es sei denn, es gibt einen Unfall. Dann ist nichts mehr gut, meint das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. „Fahren Motorradfahrer einvernehmlich auf der Landstraße in wechselnder Reihenfolge als Gruppe ohne Einhaltung des Sicherheitsabstandes, führt dies zu einem Haftungsausschluss im Hinblick auf diesen Umstand“, hat das Gericht entschieden (Aktenzeichen 22 U 39/14). Anlass war eine Karambolage bei einer Gruppenfahrt auf einer Landstraße. Ein Motorad war mit einem Auto im Gegenverkehr zusammengestoßen. Das Motorrad dahinter krachte gegen die Unfallmaschine. Dieser Biker verklagte daraufhin den zuerst verunglückten Motorradfahrer. Das Gericht entschied gegen ihn, es gibt weder Schadenersatz noch Schmerzensgeld.
Bei der Verhandlung kam heraus, „dass die insgesamt beteiligten vier Motorradfahrer in einer Gruppe gefahren sind“, berichtet der Dresdner Rechtsanwalt Christian Setzpfandt. Dabei sei „im gegenseitigen Einvernehmen“ der „Sicherheitsabstand nicht eingehalten“ und „die Reihenfolge oftmals geändert“ worden. Das sei eine „gemeinsame Regelverletzung“, stellt Setzpfandt fest. Der Versicherungs- und Verkehrsrechtler leitet daraus einen „Haftungsausschluss bei Motorradfahren im Pulk“ ab.
Nicht bekannt war ihm bis zum „Unkorrekt“-Anruf, dass solche „Pulks“ auch bei den üblichen Gruppenfahrten gebildet werden, dabei aber die Reihenfolge nicht verändert wird und jeder Biker auch die einmal eingenommne Position beibehalten soll. Dazu rät unter anderem der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR). „Reihenfolge festlegen und einhalten“, lautet diese Regel. Rechtsanwalt Setzpfandt findet mit Blick auf das versetzte Fahren: „Das Rechtsfahrgebot muss nicht sklavisch eingehalten werden.“ Wie das im Idealfall aussehen sollte, zeigt eine Skizze, die Tourguide und Motorradtrainer Harald Vetter angefertigt hat.
Sieben solche Regeln hat der DVR für Gruppenfahrten aufgestellt. Die Wichtigste: „Das Fahren in der Gruppe verlangt nach gegenseitiger Rücksichtnahme. Und eine weitere, die die Position der Fahrer bei solchen Touren festlegt: „Auf Geraden versetzt fahren, in Kurven auf der Sicherheitslinie.“ Auch dazu hat Harald Vetter eine leicht verständliche Skizze angefertigt.
Einig sind sich aber alle Fachleute, dass auch beim versetzten Fahren gilt, dass der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden entscheidend ist. Das steht in den DVR-Regeln und das steht auch im Mittelpunkt beim Urteil des OLG Frankfurt. Der Senat geht davon aus, dass der Abstand der Motorräder bei 60 km/h zum Teil nur fünf Meter betrug. Das OLG ist deshalb davon überzeugt, „dass alle Beteiligten in der Gruppe einvernehmlich ein besonderes Risiko eingegangen sind, um das entsprechende Gruppenfahrgefühl zu erreichen“.
Fazit: Versetzt fahren ist erlaubt, wichtig ist aber immer der richtige Sicherheitsabstand. Die Faustregel dafür ist ganz einfach: Abstand gleich halber Tacho in Metern. Dresden/cs
- Hier geht’s zu einem Erklärvideo des Verkehrssicherheitsrats.