Herzlos, hirnlos, hasserfüllt – so ist ein Lesermail, die ich am vergangenen Wochenende bekommen habe. Sie hat mich schockiert.
Anlass war mein Kommentar zu einem Schwimmtest in der Elbe, der am 21. Juli in der Sächsischen Zeitung stand. Der Hintergrund des Tests war das aktuelle Niedrigwasser. Eine Woche zuvor war in der Elbe ein zehnjähriger Flüchtlingsjunge aus Syrien ums Leben gekommen. Er hatte laut der Polizei mit Freunden am Ufer in der Johannstadt gespielt. Dann wollten sich die Kinder abkühlen. Saddam A. ging dabei zu weit ins Wasser, wurde mitgerissen und ertrank.
Das Fazit des Tests: Ein guter Schwimmer kann den Fluss durchqueren. „Besser nicht in der Elbe baden!“, lautete die Überschrift meines Kommentars. Die Elbe ist auch für erfahrene Schwimmer eine Herausforderung, habe ich geschrieben. Es sollte „sich niemand in den Fluss wagen, der diese Herausforderung nicht meistern kann. Kinder schon gar nicht!“ Das Fazit: „… so schön ein großer Fluss in einer Stadt ist, er birgt ungeahnte Gefahren.“
Darauf hat mir Leser A. Sch. geschrieben:
„…nur weil eine syrische Nichtschwimmergöre, die offenbar auch nicht von seinen Alten beaufsichtigt wurde, in der Elbe ersoffen ist, wollen Sie den Dresdnern das Baden in der Elbe vermiesen?
Das können Sie vergessen. Schönen Tag noch …
Diese Antwort habe ich ihm geschickt:
„Ihre Anmerkung zu meinem Kommentar finde ich herzlos. Zumal weder bewiesen noch widerlegt ist, dass Saddam A. Nichtschwimmer war.
Auf zwei Fehler möchte ich Sie auch hinweisen. Erstens: Wenn Sie schon von einer „Göre“ schreiben, dann heißt es, „die offenbar auch nicht von ihren Alten beaufsichtigt wurde.“ Zweitens: Nirgends steht, dass ich den Dresdnern das Baden in der Elbe vermiesen will. Ich weise lediglich auf mögliche Gefahren hin.“
Warum ich das hier veröffentlicht habe? Weil ich mich sehr über diese dumme Leserreaktion geärgert habe. Vielleicht ja zu sehr…
Ergänzung vom 25. Juli 2018:
Ich habe eine Antwortmail bekommen. Folgendes schreibt Herr A. Sch.:
„…Natürlich kann nun niemand mehr sagen, ob die Göre ein Schwimmer oder Nichtschwimmer war. Göre ist übrigens ein norddeutscher und preußischer Ausdruck für ungezogene Kinder, falls Ihnen das was sagt. Das ich nun ”seinen” geschrieben habe, ist der Tatsache geschuldet, dass ich die Göre geschlechtlich nicht diskriminieren wollte. Sie müssen mich auch nicht grammatikalisch belehren oder beleidigen. Das ändert auch nichts an der Tatsache, dass der/ die/ das Göre nicht von der/ die / das Alten nicht beaufsichtigt wurde.
Wenn Sie auf mögliche Gefahren beim Baden in der Elbe hinweisen ist das gut, aber gleichzeitig natürlich ein Vergällen und Diskriminierung derer, die schwimmen können. Ihr Kommentar “Besser nicht in der Elbe baden!” hat da schon überhebliches Belehrendes an sich, was sich kein Mensch gefallen lassen muss und mehr als frech ist. Ich kann seit 58 Jahren schwimmen und werde auch weiter in der Elbe schwimmen. Ich weis, was da auf mich zukommt und kenne auch die Gefahren. Im Gegensatz zu Manchem, der nicht hier her gehört und eben nicht schwimmen kann.“
Dazu hat er mir ein Foto mit einem Holzbrett geschickt, das er in den USA an der Route 66 gemacht hat. „All unattended wild children will be caught an sold as slaves“, steht auf dem Schild. Da habe der „kleine Saddam (Hussein?) doch noch Glück“ gehabt, sagt Sch. dazu.
Und er hat mir heute gleich nochmal geschrieben:
„…Kleiner Nachtrag zu meiner gestrigen Antwort an Sie. Heute vermeldet Ihre Zeitung, dass Schwimmkurse angeboten werden. Für sozial Schwache und Asylanten verbilligt. Na, dämmert’s? Das ist doch die eindeutige Offenbarung, wer hier schwimmen kann und wer nicht. Die Asylanten sollen auch das Schwimmen lernen, denn die Strecke von Europa nach Afrika ist ziemlich lang. Zum Glück kennen die den Weg aber schon.
Schöne Zeit noch in Ihrem Luftschloss. Hoffentlich kann das die SPD noch eine Weile finanzieren.“
Meine Antwort:
„Leider enthält ihre Mail vom Dienstagabend wieder zahlreiche Fehler, mehr als nur grammatikalische. Gewiss muss ich Sie nicht „grammatikalisch belehren“, es war mir aber ein Anliegen. Beleidigend war meine Anmerkung gewiss nicht. Sollten Sie sie so empfunden haben, kann ich das nicht ändern.
Natürlich muss kein Mensch meine Meinung teilen, dafür handelte es sich um einen Kommentar. Dass ein Text mit diesen Gedanken „mehr als frech“ sein kann, überrascht mich aber. Niemand will Ihnen das Baden in der Elbe verbieten. Schon gar nicht, weil Sie ja seit 58 Jahren schwimmen können.
Dass manche Asylbewerber nicht schwimmen können, ist nicht neu. Selbst in Deutschland soll es Kinder geben, die das nicht können, obwohl es für Schüler Schwimmkurse gibt. Ihre Polemik zum Thema Schwimmen von Europa nach Afrika sollte man eigentlich unkommentiert lassen. Nur so viel: Sie entspricht genau dem Pegida-Tenor und ich finde es wenig überraschend, dass Sie wie die Pegidisten der Meinung sind, die SPD finanziere mein „Luftschloss“. Das ist falsch.“
Sehr geehrter Herr Springer, sie haben sich nicht zu sehr geärgert. Doch zuviel Ärger bringt bei dieser Leserbriefschreibgruppe nix. Wer so gut lesen kann, dass er das ließt was nicht geschrieben steht, dem kann auch eine Antwort nicht helfen.
Man mag zur Flüchtlingspolitik stehen wie man möchte, sich am Ertrinken eines 10jährigen Jungen zu ergötzen ist einfach nur widerluch! Und an Unmenschlichkeit kaum mehr zu überbieten.
Dass die Elbe kein ungefährliches Planschbecken ist, haben auch bereits deutsche Schwimmer erfahren müssen, die die Strömungen unterschätzt haben.