
Häuser rücken plötzlich an ihren Platz, Straßen verlaufen in der vorhergesehenen Richtung, Wege finden sich und Orte wirken, als sei man erst gestern dort gewesen. So war das heute auf dem Rigaer Markt, in den fünf großen Markthallen an der Daugava. Zwischen alle den Gemüseständen vor den Markthallen, neben Sockenverkäuferinnen und Kurzwarenläden wurde das fotografische Gedächtnis entlastet, alles war an seinem Ort. Wie Ende der 70er Jahre beim ersten Riga-Besuch. Farben und Formen prägen die Markhallen, Geruch und Geschmack. Das Wasser läuft im Mund zusammen beim süßsauren Duft von eingelegten Gurken, Kraut und Salat, bei Räucherfisch und frisch Gebratenem. Halbe Schweine werden auf Wagen mit Gummirädern durch die Gegend gefahren und Fische filetiert, Gemüse wird gestapelt und Frischkäse mit großen Messern glattgestrichen. Irgendetwas gibt es immer zu tun. Farben und Formen prägen auch die Verkäuferinnen, deren Frisuren vermutlich ein komplettes sowjetisches Friseurhandbuch füllen könnten. Da wurde gesteckt, gedreht und geklammert, gefärbt und gezwirbelt, gelockt und geglättet, dass es eine Art hat. „Der Bauch von Paris“ von Èmilie Zola, kurz vor dem ersten Riga-Besuch gelesen, wurde damals in der lettischen Hauptstadt lebendig. Er ist es noch heute, trotz Supermärkten gleich um die Ecke mit All-inclusive-Angebot, steril verpackt und picobello sauber.