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Dresdner Brückenrhetorik

Reinhard Koettnitz, Chef des Straßenbauamtes (l.), erklärt OB Helma Orosz und Minister Sven Morlok die Baustelle.
Reinhard Koettnitz, Chef des Straßenbauamtes (l.), erklärt OB Helma Orosz und Minister Sven Morlok die Baustelle.

Das sollte eine Oberbürgermeisterin (OB) besser können. Helma Orosz fand nicht die richtigen Worte, als sie auf der Baustelle an der Elbe die Leistung der Arbeiter beim Bau der Waldschlößchenbrücke lobte. Von einer „technischen Meisterleistung à la couleur“ sprach sie und meinte doch eine Meisterleistung à la bonne heure. Als sie dann noch sagen wollte, wie die Brücke künftig wirken wird, ließ sie ihre Zuhörer im Dunkeln. Es werde jetzt „zunehmend deutlich, dass das Bauwerk sich in die Landschaft einbringen wird“, sagte die OB. Logisch. Genau darum haben ja auch die Brückengegner und die Befürworter des Bauwerks (unter anderem) gestritten.

Deutlich klarer war, was der Bundestagsabgeordnete Jan Mücke (FDP) aus Berlin verlauten ließ. Die Waldschlößchenbrücke sei „das sichtbare Zeichen für den Sieg der Demokratie gegen linksgrüne Verhinderer“, teilte er mit. Auch die Formulierung „linksgrüne Dagegen-Kultur“ bemühte er in seiner Meinungsäußerung. Nicht eben versöhnlich, was der Dresdner Verkehrsfachmann der FDP da zu Protokoll gab.

Um so etwas wie Weihnachtsfrieden bemühte sich dagegen Mückes Parteifreund Sven Morlok. Der sächsische Verkehrsminister brachte Pulsnitzer (Brücken-)Lebkuchen unters Volk. Der Name der Brücke ist darauf falsch geschrieben! Den Gegnern des Bauwerks werden die Lebkuchen wohl dennoch kaum schmecken.

Brückenlebkucken vom sächsischen Verkehrsministerium mit falscher Schreibweise.
Brückenlebkucken vom sächsischen Verkehrsministerium mit falscher Schreibweise.

14 Comments

  1. Vielleicht dachte Frau Orosz, es ginge um das Blaue Wunder, als sie von einer Leistung in Farbe sprach?

    Im Ernst: was Herr Mücke macht, nennt man Nachtreten.
    Es ist eine Schande, dass die Spaltung dieser Bürgerschaft zur Pflege der eigenen Profilneurose vorangetrieben wird.

    Noch vor wenigen Tagen hatte Herr Mücke einen Weihnachtsmarkt im Erzgebirge besucht. Viel christliche Botschaft – Vergeben und Versöhnen – scheint leider nicht hängen geblieben zu sein.

    Witzig: auf seiner eigenen (!) Website liest sich das so: „Am Samstag besuchte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Jan Mücke MdB den Weihnachtsmarkt in Schwarzenberg.“ Das muss man nicht weiter kommentieren, oder?

    Zur Schreibweise: lt. Wikipedia heißt es „Waldschlößchenbrücke (auch Waldschlösschenbrücke)“. Lt. meinem Duden „Schlöss|chen“. Ist die Schreibweise „Waldschlößchen“ also historisch bedingt beibehalten worden?

    Leider konnte auch ein Klick aufs Bild nicht meine Zweifel auusräumen, ob OB Helma Orosz ein Pali-Tuch um den Hals trägt – Honi soit qui mal y pense.

    1. Bei der Schreibweise des Brückennamens halte ich mich an die Variante, die die Stadtverwaltung selbst nutzt. Schließlich sind die Stadtverwaltung und vor allem der Stadtrat die entscheidenden Gremien bei der Namengebung.
      Falsch ist aber, dass auf dem Lebkuchen „Brücken verbinden“ steht, wie ich in der gedruckten DNN geschrieben habe. Das steht auf dem bedruckten Zollstock, den die an dem Projekt beteiligten Baufirmen anfertigen ließen. Was tatsächlich auf dem Lebkuchen aus dem Ministerium steht, ist oben zu sehen.

  2. Das Pali-Tuch um Frau Orosz‘ Hals ist mir auch gleich ins Auge gestochen 😉
    Naja, die Zeiten, als das noch eine politische Aussage darstellte, sind ja eh längst vorbei.

  3. Ich habe den Brückenbau stets verfolgt und mich über die Einmischungen der UNESCO geärgert. Schön, daß Dresden mehrheitlich drauf pfeift und sich eine schöne, neue Brücke hinstellt. Bravo!

  4. Flash:

    Seit das Mittelteil über dem Fluss thront, kann man sich zumindest ein halbwegs realistisches Bild davon machen, wie es am Ende sein wird. Und ich muss sagen, ich hatte mir das viel schlimmer vorgestellt. Tatsächlich beeinträchtigt die Brücke den Blick auf das Waldschlößchen und umgekehrt auf die Innenstadt-Kulisse fast überhaupt nicht. Gut so.

      1. Anton: Na klar, wenn ich mich direkt vor die Brücke stelle, versperrt sie mir die Sicht auf so ziemlich alles, insofern hast du natürlich recht ;D

        Ich hatte sie mir viel höher vorgestellt.

  5. @Anton Lauer:
    Genau, schön gesagt – ich kann mich auch unter die Dr.-R.-Friedrichs-Brücke stellen und dann bedauern, daß mir der Blick auf die Brühlsche Terasse verstellt ist.

  6. @ Frank F. Ich bin nicht lau …
    @ Jane: Dieses Statement „viel höher vorgestellt“ hab ich jetzt schon mehrfach gehört. Aber immer im Vorbeifahren auf der Bautzner Straße. Mal sehen, wie man es im Frühjahr die Radfahrer empfinden.

  7. Aber hieß das Argument vieler Brückengegner nicht lange Zeit, die Brücke würde den Blick vom Waldschlößchen auf die Innenstadtkulisse und Umgekehrt verbauen? Zumindest das ist ja nun nicht der Fall – gottseidank.

  8. @ Muyserin:

    Nur kurz angemerkt: Auf dem betreffenden Foto blickt man ja auch nicht vom Waldschlößchen auf die Altstadt oder umgekehrt. Es eignet sich also schwerlich, das oben von mir Gesagte zu widerlegen 😉

  9. @ Jane: Sicher, wenn man die visuelle Beeinträchtigung durch die Brücke auf die Innenstadt-Kulisse und das Waldschlößchen qua definitione begrenzt, behältst Du Recht. Ich blicke beim Elbspaziergang aus Stadtrichtung kommend aber eher geradeaus als links hoch. Weiß nicht, wie das die anderen machen und empfinden.

  10. Aus dieser Position dürfte sie ohne Frage störend wirken, das ist unbestritten. Aber das haben Brücken halt so an sich. Man wird sich daran gewöhnen – und so lange sei jedem sein Fremdeln gestattet 😉

    Interessanterweise sind jeden Sommer ausgerechnet jene Teile der Elbwiesen am dichtesten mit Menschen bevölkert, die am nähsten zu den bereits vorhandenen Brücken und damit den potenziellen Lärmquellen liegen. Bemerkenswert.

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