Wie ist es, einem Menschen zuzusehen, der „Kein schöner Land in dieser Zeit singt“, obwohl er seit einem Schlaganfall nur noch mit Mühe sprechen kann? Einem Menschen, dem vielleicht kaum noch jemand zuhört, weil es so lange dauert, bis er einzelne Worte formuliert hat? Dem es schwer fällt, seine Sprechwerkzeuge zu kontrollieren und seinen Speichel bei sich zu behalten? Darf man einen solchen Menschen großformatig im Film zeigen? Man darf und es ist wundervoll, beindruckend, zum Lachen und zum Weinen.
Diese unglaubliche Szene stammt aus dem Film „Das Lied des Lebens“. Regisseurin Irene Langemannn war gestern Abend in Dresden zur Premiere ihres Dokumentarfilms im Programmkino Ost zu Gast. Der Film beschreibt die Arbeit des Komponisten Bernhard König mit Bewohnern des Stuttgarter Generationenzentrums Sonnenberg und mit einem Projektchor aus Köln, dessen Sänger mindestens 70 Jahre alt sind. Dazu gehört auch Alfred Adamczak, Tenor mit Altus-Qualitäten (siehe Foto). Unglaublich nah an den Protagonisten konnten die Dokumentarfilmer arbeiten, so nah, dass mann gezwungen ist, in ihre Gesichter zu sehen. Auch, wenn es peinlich berührt, wenn es schmerzt und man schwankt zwischen Lachen und Weinen.
Am Ende bleibt die Bewunderung – für Bernhard König, dem es gelingt, mit unglaublicher Geduld und viel Fingerspitzengefühl gelebtes Leben in Musik zu verwandeln. Für die Bewohner des Altenheims, die große Nähe erlauben, tiefe Einblicke in ihr Leben geben und dabei dank der Musik aufblühen. Für den Ü70-Chor, der sich sogar auf die Bühne der Philharmonie Essen wagt, auch (oder gerade weil) die Stimmen bereits „faltig“ sind und „knarren“. Und für die Regisseurin, die all dies in einem wundervollen Film zusammenführt.
Es war ein ganz besonderer Abend gestern im „Ost“ und man kann die Gelegenheit, diesen Abend mitgestalten zu dürfen, ohne Übertreibung als Geschenk bezeichnen. Vario Vocale hat nach der Begrüßung von Irene Langemann im Kinosaal gesungen. Schön, dass ich da dabei sein durfte.
Und hier nun der Trailer zum Film „Das Lied des Lebens“, der weiter im PK Ost läuft.