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Suzukis hässliches Entlein

Suzukis Kleinenduro – ganz in Schwarz macht sie eine gute Figur.

Es war einer der letzten wirklich schönen Tage vor der langen grauen Winterzeit, an dem Ulf Quaas eine Kleinenduro zum Test hergab, die – dies sei vorweg erwähnt – durchaus Reiseambitionen hat. Er rollte eine 650er vor die Tür seines Motorradhauses an der Kreyerner Straße in Meißen, genauer eine DL 650 AL 2. Ganz in schwarz gekleidet spielt die kleine V-Strom Gangster und wirkt dabei optisch zumindest auf den ersten Blick recht überzeugend. Der zweite Blick offenbart aber – hier ist Vieles mehr Schein als Sein, die leicht strukturierten Verkleidungsteile etwa – alles Plaste und Elaste (aus Fernost).

Das muss aber noch nichts heißen, schließlich mutieren auch die Bestsellermotorräder aus Süddeutschland mehr und mehr zu Plastikbombern, ohne dass dies merklich an ihrem Image als Hardcore-Reiseenduros kratzt. Also rauf aufs (Mini)Bike. So vermeidet man auch am Besten den Blick auf das Auspuff-Knickknack, das dicke Rohr verdirbt auf grauselige Art die Optik des Unterbaus. Der kleine V2 dagegen gibt sich auf Knopfdruck freundlich. Und er zerrt dank seiner 69 PS von Anbeginn an ordentlich an der Antriebskette. Der Auspuff klingt dabei leider so, wie er zumindest unter dem Motorrad aussieht. Als ob Druck entweicht aus einem Topf, auf den man mit aller Macht den Deckel presst.

Volle Info, sogar eine Ganganzeige bietet das Mäusekino!

Los geht die Kurztour. Der serienmäßig verbaute Lenker ist vielleicht ein wenig zu zierlich, zu schmal für eine Reiseenduro, die Sitzhöhe dagegen mit reichlich 83 Zentimetern endurotypisch hoch und angenehm. Üppig für diese Motorradklasse ist der Instrumenteblock hinter der kleinen, durchaus wirksamen Frontscheibe. Ein großer analoger Drehzahlmesser und eine Digitalanzeige teilen sich den Platz, sogar an eine Ganganzeige ist gedacht. Einkuppeln, erster Gang, klock! Ich mag diese Art der Rückmeldung, aber es ist nicht jedermanns Sache. Und dann? Dann tut die kleine V-Strom, was sie tun soll. Sie fährt. Spielerisch lässt sie sich kontrollieren aus der sehr bequemen Sitzposition und wer sie im Stehen steuert, fühlt sich auf sächsischen Landwirtschaftswegen wie ein großer Endurist in der Sahara. Die reichlich vier Zentner der kleinen V-Strom lassen sich von Anfang an völlig problemlos dirigieren. Die Bremsen verzögern zuverlässig. Tritt man beherzt auf den Hebel der Hinterradbremse, ist die ABS-Wirkung deutlich zu spüren, vorn gelingt das seltener. Bemerkenswert: Die kleine Enduro hat 6 Gänge – das ist gewiss überdurchschnittlich für diese Motorradklasse.

Der Minitest hat Spaß gemacht. Wer für kleines Geld großes Reisevergnügen will, ist mit der V-Strom 650 gut bedient. Ganz in Schwarz macht die Maschine sogar eine recht gute Figur  – vorausgesetzt, man kann über „Kleinigkeiten“ wie den Krümmer, die doch sehr simple Kastenschwinge am Hinterrad und manches eher einfach verarbeitete Plastik-Verkleidungsteil hinwegsehen. „Textur“ nennen die Suzuki-Verantwortlichen übrigens ihre Oberflächenstruktur. Fazit: Die kleine Schwarze ist derzeit gewiss die schönste Enduro im Suzuki-Portfolio. Dass Suzuki-Motorräder gut fahren, ist bekannt. Sie hat kleine Schwächen und kann im Stand keine großen Gefühle wecken. Dafür dann, wenn sie fährt! Sie ist ein hässliches Entlein.