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Rund ums Umgebinde

Die Oberlausitz ist bekannt für hübsche Berge, die Spree und niedliche Weberhäuser. Eine Motorradtour auf den kleinen Dorfstraßen der Region entschleunigt ungemein.

Das Reiterhaus in Neusalza-Spremberg ist zugleich Museum und erlebbares Umgebindehaus.

Der Einstieg ist standesgemäß. Auf der B6 nach Osten raus aus Dresden und spätestens ab Weißig versäge ich erst einmal alles, was vier Räder hat. Links vorbei geht es zügig Richtung Bautzen. Dabei fahre ich durch Rossendorf, Goldbach und Großhartau und ziehen durch bis kurz hinter Bischofswerda. Knapp 40 Kilometer sind das gewesen,  die Reifen sind ordentlich warmgeknetet, Zeit für Kurven!

Jetzt kann das Garmin zeigen, was die Programmierer geleistet haben. Ich schalte um von kürzeste Strecke auf kurvenreiche Strecke und lasse mich treiben. Richtung Südosten ist der Plan und im gemütlichen Tempo geht’s erst einmal durch Demitz-Thumitz mit seinem Granitsteinbruch nach Schmölln und Neuschmölln. Kleine Dörfer folgen, immer mal wieder grüßt ein mit Ostereiern geschmückter Baum aus einem Vorgarten. Schade nur, dass da heute fast immer nur Plastikeier hängen. Nichts ist zu sehen von der berühmten sorbischen Kunst, Ostereier zu verzieren.

Kurz vor Arnsdorf ist Schluss für Laster. Hier beginnt das Hoheitsgebiet der Motorräder (und Pkws).

Weiter geht es nach Gaußig, dort umfahre ich das Schloss mit dem gleichnamigen Romantikhotel. Aus der Ferne grüßt Bautzen, da will ich aber nicht hin. Nach rechts lockt eine Straße weiter Richtung Südosten, Arnsdorf ist ausgeschildert. Nicht das bei Radeberg. Inzwischen ist Kirschau schon ganz nah, aber dank einem Hinweis vom Navi schlage ich noch einen Haken und der führt durch ein tolles Geschlängel. Bergauf, bergab, durch einen Wald, ich habe die Straße für mich allein und kann den griffigen Asphalt in den Kurven voll auskosten.

In Großpostwitz steht dieses schöne alte Umgebindehaus an der B96.

Zwei, drei Dörfer weiter trifft die kleine Straße auf die B96, die geradewegs nach Süden führt. Ich klinke mich kurz ein und folge ihr bis zur eindrucksvollen Kirche in Großpostwitz. Dort halte ich mich rechts Richtung Kirschau, Schirgiswalde und Sohland. Ziel ist der Stausee Sohland, ein künstlich angelegter See mit einem hübschen Gasthaus. Motorradfahrer interessiert der Poller am Zufahrtsweg nicht, wir können fast bis zum Tresen vorfahren.

Der Stausee in Sohland ist ein tolles Ziel – Motorradfahrer können bis vors Gasthaus rollen.

Knapp 100 Kilometer lang war die Kurventour bis hierher und jetzt geht es schon fast wieder nach Hause. Auf der B96 geht es weiter bis nach Ebersbach-Neugersdorf und dort über die Grenze nach Tschechien. Auf der anderen Seite des virtuellen Schlagbaums ist das Örtchen Jiříkov und ganz in der Nähe der Überfahrt – sozusagen als letztes Highlight auf deutscher Seite – das Blaue Wunder von Neugersdorf: eine blau getünchte Stahlbogenbrücke über Bahngleise. Gleich neben der Brücke – also sehr fotogerecht – befindet sich die Bushaltestelle Blaues Wunder.

Die reichlich 20 Kilometer lange Strecke bis zum Westende des Schluckenauer Zipfels ist malerisch, kaum befahren und eigentlich ein reines Vergnügen. Wären da nicht Ortsteile und Häuser, die deutlich vom Niedergang der Region sprechen. Fast wirkt es, als sei die Region einfach zu weit weg vom politischen und wirtschaftlichen Leben Tschechiens. Ein vergessener Landstrich. Genau das macht sie aber auch wieder besonders schön.

Von der Grenze bei Sebnitz führt die Kurven-Einstellung des Garmin-Navis über Lichtenhain, Ulbersdorf, Ehrenberg und Cunnersdorf zur Bockmühle im Polenztal. Das Gasthaus rechts neben der Straße ist ein toller Ort für eine Rast, aber der Nachmittag geht langsam zu Ende. Also fahre ich gleich weiter – hinaus aus dem Polenztal, rüber nach Heeselicht und von dort über Dobra, Dürröhrsdorf-Dittersbach und Eschdorf nach Weißig.

Dort schließt sich auf der B6 der Kreis an diesem Nachmittag. Die Tour war reichlich 180 Kilometer lang. Lohnende Ausflugsziele gabs zuhauf am Streckenrand, als Rastplätze empfehlen sich das Cafe am Stausee in Sohland und die Bockmühle im Polenztal. Die Runde durchs Land der Umgebindehäuser ist eine leichte Tour, problemlos machbar an einem schönen Nachmittag. Dresden/csp