Demonstrationen gegen Nazis und deren Tun folgen einer szenetypischen Choreographie. Ebenso, wie Demonstrationen Rechtsextremer. Diese Art der Ordnung drückt sich unter anderem im Äußeren der Demonstrationsteilnehmer aus und wird von speziellen Kleidungsherstellern geprägt. Der bei den Nazis beliebten Marke „Thor Steinar“ setzen pfiffige Sozialdemokraten aus Mecklenburg etwa die Marke „Storch Heinar“ entgegen. Ein Erfolg, nicht zuletzt, weil sich die Verantwortlichen von „Thor Steinar“ dermaßen über die neue Marke geärgert haben, dass sie sie per Gericht verbieten lassen wollten. Sie hatten keinen Erfolg. „Storch Heinar“ funktioniert dank doppeldeutiger Signets, die sich nicht immer auf den ersten Blick erschließen.
Simpel, geradezu plump und insofern nicht weniger dumpf, als rechte Haudrauf-Propaganda kommt die linke Modemarke „Mob Action“ aus Leipzig daher. Ihre Kleidung fiel zuletzt in Dresden auf, als am 18. September in der Innenstadt etwa 500 Menschen gegen Rechtsextreme demonstrierten. Die Jacken, Mützen und Hosen wirkten mitsamt diverser Accessoires wie Gürteltaschen wie eine Uniformierung. Und viele Signets von „Mob Action“ assoziieren Straftaten. Die Demonstrationsanmelder und -teilnehmer fanden es demnach in Ordnung, dass im Rahmen ihrer Kundgebung für einen Kleidungshersteller geworben wird, der wiederum dafür wirbt, Molotowcocktails zu zünden und die Scheiben von Polizeifahrzeugen einzuschlagen. Ob diese Assoziationen womöglich falsch sind, ließen die Verantwortlichen von Mob Action offen. Eine entsprechende Anfrage vom 20. September blieb bis heute unbeantwortet.
Daraus lässt sich schlussfolgern: Die Macher von Mob Action, deren Kunden und die Teilnehmer der Anti-Nazi-Demo vom 18. September in Dresden halten Gewaltstraftaten für ein probates Mittel bei der Auseinandersetzung mit der Polizei und weitere Personen, die nicht näher bezeichnet werden. Insofern unterscheiden sie sich keinen Deut von denjenigen, die Ende August in Dresden zwei alternative Projekte und die Begräbnishalle auf dem Neuen Jüdischen Friedhof angegriffen haben!
Die Macher von Mob Action, deren Kunden und die Teilnehmer der Anti-Nazi-Demo vom 18. September in Dresden halten Gewaltstraftaten für ein probates Mittel bei der Auseinandersetzung mit der Polizei und weitere Personen, die nicht näher bezeichnet werden. Insofern unterscheiden sie sich keinen Deut von denjenigen, die Ende August in Dresden zwei alternative Projekte und die Begräbnishalle auf dem Neuen Jüdischen Friedhof angegriffen haben!
Ich verstehe die Grundrichtung Deines Postings. Auch mir geht die munter naive Militanz bestimmter Kreise mitunter sehr auf die Nerven. Allerdings gibt es schon einen Unterschied zwischen einem T-Shirt auf dem (ein) Polizei(fahrzeug) angegriffen wird und einem T-Shirt auf dem der Herrencharakter der arischen Rasse hervorgehoben wird. Auch ein Angriff auf ein Polizeifahrzeug ist m.E. etwas anderes als ein Angriff auf ein Wohnhaus.
Wäre schade, wenn dieser Unterschied mit einem Verweis auf das Gewalttabu weggebügelt würde. Denn: Gewalt ist nicht gleich Gewalt. Und überhaupt: Was ist Gewalt? Die Blockade vom letzten 13.02. war doch auch eine Gewaltstraftat, oder?
Danke für das inspirierende Posting und frohes Diskutieren noch.
Ich halte eine Diskussion über gute oder schlechte Gewalt für keine gute Idee. Nicht zielführend, wie Politiker so gern sagen. Und schon gar nicht kann man von guten und schlechten Straftaten sprechen. Gewalt löst im Übrigen kein Problem, auch nicht jenes, gegen das am 13. Februar 2010 in Dresden rings um den Bahnhof Neustadt demonstriert wurde – nämlich, dass es in unserem Land Nazis gibt. Dort standen sich nach meiner Beobachtung Teilnehmer von Demonstrationen mit konträren Zielen gegenüber und aus Sicht der Polizei war es nicht mit vertretbarem Aufwand möglich, für die Rechtsextremen die gewünschte Aufzugsstrecke frei zu räumen und zu halten.
Das mit der Gewalt seh ich ähnlich.
Allerdings sehe ich Unterschiede zwischen Menschen, die T-Shirts bedrucken, jenen, die sie tragen, jenen, die die jeweiligen Aufdrucke in die Tat umsetzen und Menschen, die jüdische Friedhöfe schänden – sowohl in deren Denken, Zielen, Mitteln…
Toll find ich diesen subkulturellen T-Shirt-Quatsch auch nicht. Aber trotzdem, sorry: Der Artikel ist in meinen Augen zu undifferenziert und greift zu kurz.
information:
Ich wiederum würde keinen Unterschied zwischen Personen erblicken wollen, die jüdische, sowjetische oder katholische Friedhöfe schänden.
Dafür aber sollte man auch für die Tatsache empfänglich sein, dass auch Träger von T-Shirts mit der Aufschrift: „Nazis aufs Maul“ diese Slogans hin und wieder in die Tat umsetzen, was mindestens ebenso kontraproduktiv sein dürfte wie Nazis, die „Zecken klatschen“ gehen.
Ich halte eine Diskussion über gute oder schlechte Gewalt für keine gute Idee. – Klar, ist ein Fass ohne Boden, zu dessen Öffnung obiger Beitrag aber einlädt.
Nicht zielführend, wie Politiker so gern sagen. – Schön, dass wenigstens einer weiß, was das Ziel ist und wie es zu erreichen ist.
Durch das Tragen von Lederjacken und das Fahren von Motorrädern identifiziert man sich mit dem gewalttätigen, frauen- und rechtsstaatfeindlichen Gedankengut der Hells Angels. Viele ältere Männer fangen zudem an, sich für ganz harte Jungs zu halten. Eine gefährliche Mischung, vielleicht die gefährlichste überhaupt.
Ich meine ja, durch das Tragen von Lederjacken und das Fahren von Motorrädern identifizieren sich die Hells Angels mit Motorradfahrern.
@Torsten: Du hast natürlich recht – das Thema ist ein Fass ohne Boden. Das Ziel ist ganz sicher – keine Gewalt. Die T-Shirt-Signets von Mob Action helfen auf dem Weg zu diesem Ziel vermutlich nicht sehr.
@Information: Ein Hinweis – ich behalte mir künftig vor, Kommentare anonymer Absender nicht zu veröffentlichen.
@ Cristoph: Wenn das Ziel ist: keine Gewalt; was ist dann der Weg?
Will sagen: Gewalt ist nicht per se als solche erkennbar und benennbar, sondern bestimmte Handlungen werden zur Gewalt erklärt (z.B. der Begriff vom „Gewaltmonopol des Staates“ impliziert, dass staatliche Gewalt ausgeübt wird) und ein Teil davon wird wiederum tabuisiert (z.B. Gewalt gegen Dritte, gegen staatliche Institutionen…). Resultat: nicht überall wo Gewalt nicht drauf steht, ist auch keine drin.
@ Klaus: =)
„Eine entsprechende Anfrage vom 20. September blieb bis heute unbeantwortet.“
Diese in solchen Szenen verbreitete Sprachlosigkeit, wenn es darum geht, Außenstehenden die eigene Philosophie zu erklären, kennt man – zumindest, wenn das Interesse von öffentlichen Stellen kommt. Fragt man als Privatperson nach, wird man oft mit ideologischem Schund bombardiert, dass es nur so kracht. Lässt man lange genug nicht locker, driftet die Unterredung meist auf ein ziemlich unsachliches, persönlich affrontatives Niveau ab.
@ Jane: Genau diese Art der verallgemeinernden und undifferenzierten Beobachtung störte mich bereits im Originalposting. Statt „solche Szenen“ (?) und 4 x „man“ in drei Sätzen unterzubringen, hättest Du auch schreiben können „nichts genaues weiß man nicht“.
Meine Erfahrungen mit „Mitgliedern solchen Szenen“ sind durchaus positiv. Ich habe oft persönliche, m.E. ehrlich und durchdachte Antworten bekommen, wenn ich „solche“ Leute fragte, warum sie denn „sowas“ machen (z.B. für Freiräume streiten, sich politisch engagieren, Aktionen planen). Dazu musste ich natürlich auch erstmal ein persönliches Interesse für die Materie entwickeln und mir Zeit nehmen und nicht gleich versuchen sie von der Überlegenheit meiner politische Meinung zu überzeugen.
Torsten:
Frage: Inwiefern kann eine Beobachtung, die man so tatsächlich macht, „undifferenziert“ sein? Ich habe nicht geschrieben, dass es generell immer so ist, sondern lediglich, dass ich beobachtet habe, dass man bei fundiertem Nachfragen in der linksextremen Szene oft keine oder aber eine ziemlich flegelhafte, unsachliche Antwort bekommt.
Nur weil meine Erfahrungen eher negativ sind, differenziere ich also nicht? Wie sieht es dann mit deinen „durchaus positiven“ Erfahrungen aus?
Außerdem dürfte doch im Artikel ziemlich klar rübergekommen sein, dass wir hier nicht über Leute sprechen, die „für Freiräume streiten“, sondern über solche, die Steine schmeißen, Müllcontainer anzünden und Gewalt für ein Mittel zum Durchsetzen der eigenen Ziele halten.
Also bevor wir über mangelndes Interesse und so was sprechen, bitte doch beim Thema bleiben.
Inwiefern kann eine Beobachtung, die man so tatsächlich macht, “undifferenziert” sein?
Insofern unklar ist, wer oder was „solche Szenen“ oder wer die „Leute“ überhaupt sein sollen, über die Du so wortreich Auskunft gibst. Und: Undifferenziert ist das Beschriebene auch Dir selbst gegenüber, schon durch das ständige und nach Verallgemeinerung heischende ge“man“e.
Was mag ich an solcherlei Auseinandersetzung nicht? Richtig, sie führen zu nichts anderem, als dass sich eine Spirale der Unsachlichkeiten in Gang setzt.
Darauf verzichte ich lieber.
Eins vielleicht noch: Du hattest DIE BEOBACHTUNG als solche als „undifferenziert“ kritisiert. Das heißt, du sprichst mir hier einfach mal die Fähigkeit ab, ein Verhalten, das mir gegenüber an den Tag gelegt wurde, halbwegs reflektiert einzuschätzen und zu bewerten. Stattdessen unterstellst du mir von vorn herein Voreingenommenheit – was so ziemlich genau dem entspricht, was ich oben kritisch an szenespezifischem Verhalten anmerkte.
Was meinst Du mit solcherlei Auseinandersetzung? Auseinandersetzungen in denen Deine Meinung und Dein Meinunsbildungsprozess kritisiert wird?
Nach „solchen“ Leuten und „solchen“ Szenen findest Du jetzt „solcherlei“ Auseinandersetzung nicht gut. Solche Begründungen kenn ich eigentlich nur aus dem Betrieb in dem mein Vater in der DDR gearbeitet hat, das war ne Kosolche. – Äh nee, eine Kolchose – na egal.
Die hier lesbaren Beiträge zeichnen ein schönes Bild üblicher Streitkultur: es interessiert keinen wirklich, was der Andere denkt, welche Argumente formuliert werden, sondern es geht meiner Ansicht nach nur darum, den Anderen von der eigenen Haltung zu überzeugen. Gelingt das nicht, wird noch ein bisschen gestichelt und dann abgebrochen. Schade eigentlich, denn da macht mir das Mitmachen gar keinen Spaß. Da ich mir über das Thema Gewaltverherrlichung auch schon den Kopf zerbrochen habe und ob es gute oder schlechte Gewalt gibt, möchte ich dazu aber auch was sagen. Drucke auf T-shirts würde ich mal unter Meinungsfreiheit zählen und wer sich dafür entscheidet, sollte wissen, warum. Leider ist der Anspruch an den Träger, er sei sich über transportierte Inhalte bewusst, oft überhöht und so habe ich mir angewöhnt, diese Dinge nicht zu überbewerten. Gute oder schlechte Gewalt gibt es meiner Ansicht nach nicht, Ausnahme Notwehr und Nothilfe in den engen Grenzen des Gesetzes. Wer Humanität mit Fäusten erkämpft, handelt nicht human und ist somit unglaubwürdig. Noch weiter gedacht, könnte sogar ein jeder, der das eigene Denken über das eines Anderen stellt, als diskriminierend gelten. Für mich spricht aus dem Bedürfnis nach Uniformierung und dem Verlangen des Kampfes egal auf welcher Seite eher die eigene Bedürftigkeit. Dieser wiederum kann nur durch geduldige Eigenliebe entsprochen werden.