Zum Inhalt springen

Zwei Tage kurvenreiche Strecken

Das erste Sommerwochenende lockte mit perfektem Motorradwetter nach draußen. Es war Zeit für eine etwas längere Tour.

Tolle Blicke bietet diese Tour ohne Ende. Ganz weit hinten rechts beginnt das Riesengebirge.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Carpe diem. Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Es gibt unzählige Sprüche, die beschreiben, dass langes Fackeln nicht wirklich glücklich macht. Deshalb musste die Wochenendtour sein, auch wenn sie am Sonnabend erst gegen 15 Uhr so richtig beginnen konnte. Grund dafür war eine musikalische Verpflichtung in der Nähe von Pulsnitz. Immerhin – die Anreise dorthin war auch schon eine kleine Motorradtour. Da es dabei schon mal von Dresden Richtung Nordosten ging, war die Grundtendenz klar – weiter Richtung Osten und wegen der Berge in der Lausitz ein bisschen weiter nach Süden. Zittau im Dreiländereck Deutschland/Tschechien/Polen war das erste Ziel. Das Garmin-Navi peilte den Zittauer Markt an, die Routenpräferenz „Kurvenreiche Strecke“ organisierte den Rest. Perfekt – das funktioniert richtig gut, ist aber nur etwas, wenn es nicht auf die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit ankommt – doch dazu später mehr.

Hier bei Schumanns in Kirschau wurden Erinnerungen an ein schönes Winterwochenende wach.

Mit dieser Einstellung fühlte sich die Strecke von Pulsnitz nach Bautzen schon wie eine richtige Motorradtour an. Das Navi lenkte mich durch Kirschau, wo schöne Erinnerungen an ein Entspannungswochenende im Winter geweckt wurden. Gleich neben dem Hotel war Spritfassen angesagt, in der Sonne war es da schon zu warm für den obligatorischen Pausenkaffee. Eine Bank im Schatten wäre schön gewesen, gabs an der Aral aber nicht. Von dort war es gefühlt nur noch ein Katzensprung bis Zittau. Links und rechts der Strecke gabs immer mal wieder ein leerstehendes Umgebindehaus zu sehen – ach, wenn man nur immer könnte, wie man wollte. Solch ein Haus bleibt aber ein schöner Traum.

Der Gedanke daran ist an einem heißen Motorradtag fast eine Qual.

Ohne Aufenthalt in Zittau habe ich Tschechien angepeilt und gleich nach der Grenze zum ersten Mal über ein Nachtquartier nachgedacht. Es war inzwischen nach 18 Uhr und der Kristyna-See bei Hradek nad Nisou, gleich hinter der Grenze, lockte mit seinem Camp zur Quartierssuche. Doch dort sah es aus wie auf einem großen Ostseecampingplatz in der Hochsaison – nein, das war nichts für einen ruhesuchenden Motorradfahrer. Also weiter nach Hradek, auch dort bot sich nichts an für die kommende Nacht. Weiter Richtung Südwesten. Ein kleiner See bei Jablonné v Podještědí entpuppte sich leider als Fehlgriff – keine Pension und kein Hotel am Ufer, auch das war keine Alternative. Inzwischen Stand die Sonne tief im Westen, die Fahrtzeit auf der „Kurvenreichen Strecke“ überschritt die Vier-Stunden-Marke und nach dem langen Tag machte sich eine gewisse Müdigkeit breit. Zusammen mit der Aussicht, womöglich noch nach Dresden zurückfahren zu müssen und dem inzwischen anstrengenden Blick gegen die Sonne und durch das insektenübersäte Visier wurde die Tour kurzzeitig anstrengend. Trotzdem kam nur eine Bordsteinkante ein wenig zu nahe, schön sanft vorne und hinten zugleich gebremst wurde aber auch sie nicht zum Problem. Dafür ignorierte ich auf geraden Strecken zunehmend die Verkehrsregeln und zog ordentlich am Hahn, um die Kilometer bis zum nächsten Städtchen zügig hinter mich zu bringen. In Ceska Lipa war eine einladende Pension am Markt samt Hotel leider geschlossen, in Novy Bor hat es dann endlich geklappt. In der Pension Verona richteten die Gastgeber schnell ein einfaches Zimmer für mich her, später gabs Abendessen im Garten und kühles tschechisches Pilsner. Ein schöner Ort, allerdings nur für Gäste, die damit klarkommen, dass diese Pension wohl das einzige tschechische Restaurant hat, in dem es keine Knödel gibt… Ein wenig entschädigt hat dafür die Tatsache, dass das Champions-League-Finale in Tschechien frei empfangbar war – per Stream beim Abendessen und später im TV im Zimmer. Gleich nach dem Liverpool-Sieg bin ich in den Tiefschlaf gefallen.

Ein kleiner Gästegarten mit Goldfischteich und ein guter Parkplatz – die Pension Verona ist einladend. Nur Knödel gibt’s nicht.

Am nächsten Tag gabs ab 8 Uhr Frühstück – wieder im Garten. Reichlich Kaffee, drei Spiegeleier mit Schinken, die typischen tschechischen Hefehörnchen und danach leckeres Gebäck. Kurz nach 9 Uhr habe ich den Startknopf der 1000er MZ gedrückt und – anders als manchmal in Dresden – nahm der tolle Twin ohne Verzögerung die Arbeit auf. Die Felsenhöhle Pekelne Doly habe ich diesmal ignoriert, sie hatte um diese Zeit ohnehin noch nicht geöffnet. Mein Ziel war das Mückentürmchen bei Horni Krupka und wieder führte das Garmin-Navi über eine möglichst kurvenreiche Strecke. Berge hoch, Berge runter, durch Minidörfer und auf Straßen, auf denen nicht viel mehr als zwei Motorräder nebeneinander passen. Das war bei der eher sportlichen Sitzhaltung auf der 1000er manchmal etwas anstrengend, aber letztlich doch ein Genuss. Gleich nach Novy Bor führt eine tolle Straße bergauf Richtung Ceska Kamenice. Das einzig Störende ist der durchgezogene weiße Strich in der Straßenmitte. Oben angekommen grüßt links ein beeindruckender Basaltfelsen. Den habe ich mir dieses mal gegönnnt, die Basaltsäulen sind zum Teil mehr als 12 Meter hoch. Der kleine See daneben ist beim Bergbau entstanden und der Parkplatz am Fuß des Felsens eine kleine Touristenfalle. Man könnte das Motorrad vor der Einfahrtschranke parkenn oder rechts dran vorbeifahrenn. Aber – da hängen jede Menge Überwachungskameras. Also habe ich die 20 Kronen Motorradparkgebühr pro Stunde bezahlt.

Der Basaltfelsen bei Kamenicky Senov ist sehenswert.

Später in Decin habe ich nach der Elbeüberquerung die richtige Ausfahrt verpasst und bin erst mal noch ein paar Kilometer am Fluss stromaufwärts gefahren. Das Navi rechnet glücklicherweise immer gleich neue Abbiegemöglichkeiten aus. So bin ich erst ein ganzes Stück nach der großen Schiffswerft rechts raus und die Berge rauf in Richtung Westen. Dass es dort Serpentinen gibt, wusste ich bis dahin noch nicht. Sogar solche ohne Kiesel und Sand, die andernorts kleine Regenflüsse in die Kurven gespült haben. Das pure Vergnügen, das ich ohne das Garmin nie erlebt hätte. Schon deshalb bin ich inzwischen längst versöhnt mit dem Abschied von Papierlandkarten, den ich früher für einen weiteren Schritt in die computergesteuerte Verblödung hielt.

Eine reichliche halbe Stunde habe ich so für die Fahrt von Decin bis zur Autobahn Dresden-Prag gebraucht, die man auf der Südseite des Erzgebirges überqueren muss, um auf den Kamm zu gelangen. Auf der kürzesten Strecke schafft man das von Decin aus in etwa zehn Minuten… Schnell noch getankt (fast schon erstaunlich, bei der kurvenreichen Fahrt hat die 1000er nur sechs Liter auf 100 Kilometern genommen) und dann gings schon hinauf zum Mückentürmchen. Noch nie war ich bereits mittags dort – das Traumwetter sorgte für ordentlich Andrang. Reichlich einen Euro kostet der Kaffee da oben, den tollen Blick und ein kühlendes Lüftchen inklusive.

Mega-Andrang oben am Mückentürmchen. Ich finde ja, Autos haben da nix zu suchen.

Besonders wird der Navi-Test auf Strecken, die man schon kennt. Auf dem Rückweg nach Dresden konnte ich das ausprobieren. Das Garmin führte nicht durchs gequälte Müglitztal, in dem die Bewohner gerade an schönen Wochenende den Motorradlärm kaum aushalten können. Es ging durchs wesentlich weniger befahrene aber nicht minder schöne Seidewitztal, wieder über schöne Serpentinen. Das Müglitztal habe ich danach auf dem Weg nach Maxen nur kurz durchquert und zum Finale konnte ich noch einen der berühmten alten Kalköfen am Straßenrand bewundern. Das Fazit dieser Tour: Die 1000er hat ihre Sache sehr gut gemacht, das Navi auch. Und selbst wenns am Abend etwas länger dauert – ein Nachtquartier findet sich letztlich doch immer. Dabei muss man nur schön gelassen bleiben und die Konzentration hoch halten. Sonst kann ein schöner Fahrtag auch ein unschönes Ende haben. Also – immer rechtzeitig mit dem Suchen beginnen. Dresden/csp

PS: Die Tour war reichlich 370 Kilometer lang, die Fahrzeit steht in keinem Verhältnis dazu, es waren letztlich mit den Tank- und Kaffeepausen mehr als acht Stunden. Und es bleibt dabei – es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Suchbild mit Motorrad – einer der ehemaligen Kalköfen bei Maxen, gleich am Straßenrand.