Zum Inhalt springen

Dolce vita auf Aprilia

Was braucht es für einen Urlaub am Gardasee? Wein, leckere Pasta, Espresso, Badesachen und ein Motorrad. Und was passt dort besonders gut? Natürlich eine italienische Maschine.

Große Auswahl: In der Halle warten jede Menge Vespas und Motorräder auf Kundschaft.

Die Halle in Calmasino ist gut gefüllt. In der Mitte und mächtig bunt der Italiener liebster Roller – eine Vespa hinter der anderen. Links davon – Motorräder für jeden Geschmack, von BMW über Harley bis (natürlich) zu Ducati, Moto Guzzi und Aprilia. Riccardo hat etwas für jeden Geschmack und irgendein Motorrad wird schon da sein zum Wunschtermin im Juli, hatte er vorab per Whatsapp-Nachricht versichert. Richtig, die Wahl fiel auf eine Maschine, deren Farbe sie sofort in den Blick rückte. „Gold Acid“ nennt Aprilia den Lack, gelb würde ich es nennen. Das große Topcase auf dem Heck samt den beidseitigen Haltegriffen versprach eine bequeme Sitzposition für meine Sozia, zugleich war da Platz für jede Menge Gepäck oder zwei Helme.

In Warteposition: Die Aprilia neben Ducati (li.), Moto Guzzi (rechts daneben) und BMW.
Fahren im Stand: Die Aprilia wartet auf der Fähre auf ihren Einsatz.

Nicht südlich um den See rumfahren, sondern gleich nach Torri del Benaco und von dort mit der Fähre auf die andere Seite, gab uns Riccardo noch mit auf den Weg für die Tour auf der Westseite des Gardasees. Drei andere Seen standen auf dem Tourplan, darunter eine Talsperre. Wir folgten seinem Rat, bei knapp 30 Grad am Vormittag wäre der Touri-Schleichverkehr durch die Orte auf der Südseite des Gardasees keine Freude gewesen.

Die Lust am Zweirad ist in Italien irgendwie immer präsent und macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn man im Auto am See entlang kriecht, während links alles vorbeizieht, was Platz hat: Roller und Motorräder also. Sie werden stets bereitwillig vorbeigelassen, kein Autofahrer startet ein (sinnloses) Kräftemessen und niemand wird zum Hobbypolizisten, weil man die durchgezogene weiße Linie in der Straßenmitte „übersehen“ hat.

Für die Eingewöhnung mit der Italienerin genügen die reichlich 15 Kilometer von Riccardos Firma PR Motor bis zur Fähre in Torri. Allerdings muss ich lernen, dass 860 mm Sitzhöhe etwas anderes sind, als ich kenne. An zwei, drei Kreuzungen muss ich stoppen und vollführe dabei akrobatische Bewegungen, die nicht gerade für Sicherheit sprechen. Später habe ich es dann raus und vorab: Der Sitz ist ansprechend, auch für die Sozia, ich würde ihn mir aber dennoch erstens verstellbar in der Sitzhöhe und zweitens noch eine Idee komfortabler wünschen.

Nachdem wir die Fähre in Maderno verlassen haben, folgen knapp zehn Kilometer Landstraße am Gardasee. Wir haben uns an diesem heißen Tag für die italienische Fahrweise entschieden – überholen, wann immer es geht und (ja, sehr leichtsinnig) wir fahren nur in T-Shirts und langen Hosen. Das Sechsganggetriebe der Aprilia lässt sich ein wenig schwer schalten, wer schaltfaul fahren möchten, kann auch im sechsten Gang problemlos im Verkehr mitrollen. Nie schlägt die Kette und auch bei 60 km/h hat der Zweizylinder genug Kraft, um mehr Gas mit spürbarer Beschleunigung in höhere Geschwindigkeit umzusetzen.

So richtig Spaß macht die „Tuareg“ aber erst, wenn man sie nicht schaltfaul fährt, den Motor ordentlich drehen lässt und dann über Kurven räubert. Ab Gargnano genießen wir das. Es geht steil bergauf in mehreren Serpentinen, rauf auf die Berge westlich des Gardasees. Stoppen und den Ausblick genießen ist keine Alternative, der Asphalt glüht nahezu in der Sommersonne. Der Kühler quittiert das mit ordentlich Hitze zwischen den Fahrerbeinen, vor allem dann, wenn der Kühlpropeller der Aprilia anspringt. Das ist gewöhnungsbedürtig.

Das Fahrwerk ist ein Vergnügen und klar für größere Aufgaben konzipiert. Dabei haben wir bewusst darauf verzichtet, den am Lenker einstellbaren Fahrmodus zu verändern, auf „Urban“ hat ihn Riccardo eingestellt. Von Querrillen, Rissen im Asphalt und ein paar Schlaglöchern ist nichts zu merken, zielgenau peilt das große Vorderrad jede Kurve an und nie verlässt mich das gute Gefühl, auch mit Sozia und in erfreulicher Schräglage die Fuhre unter Kontrolle zu haben. Auch dann nicht, wenn hinter einer engen Kurve plötzlich ein Laster auftaucht oder ein Wohnmobil entgegengeschaukelt kommt.

Den Kurvenrausch unterbrechen wir kurz am Lago di Valvestino, einem Stausee, der zu einem Pumpspeicherwerk unten bei Gargnano gehört. Der Wasserstand ist extrem niedrig, man kann die Wände einer Ruine sehen, die sich normalerweise ganz im Wasser verschwindet. Berichten zufolge gehörte das Gebäude zu einem Zollgelände, bevor es in dem Stausee verschwand. Der Wasserstand ist niedrig, der Zufluss gleicht einem Rinnsaal. Das kann einerseits daran liegen, dass das Wasser für die Energiegewinnung gerade abgeleitet wurde, andererseits auch an der allgemeinen Trockenheit.

Wenig Wasser: Der Zufluss zum Lago di Valvestino.

Unser nächstes Ziel ist Idro am gleichnamigen See. Meine Sozia wird langsam unruhig, Mittagessen ist ihr Wunsch. Nach kurzer Suche steuern wir das Restaurant La Terrazza an. Dort sitzen wir im Schatten, genießen den Blick über den See und lassen uns mit italienischer Küche verwöhnen. Auch ein kaltes Bier gehört für mich zu dieser Mahlzeit – es erfrischt herrlich und immerhin sind in Italien wie in Deutschland maximal 0,5 Promille erlaubt.

Das nächste Versprechen ist der Lago di Ledro und auf dem Weg dorthin das enge Ledrotal. Rund 20 Kilometer sind es nur bis Mezzolago, ein Örtchen am Ledrosee. Die Liebste gelüstet es nach Espresso und dafür gibt es dort vermutlich keinen schöneren Ort als die Terrasse des Hotels Mezzolago mit Blick auf die Berge und (fast) den ganzen See. Die Ruhe ist herrlich, es ist viel ruhiger als am riesigen Gardasee und man hört vom Espresso-Platz aus sogar das leise Knistern der „Tuareg“, die langsam abkühlt.

Schöne Gegend, schönes Motorrad: Die „Tuareg“ am Ledrosee.

Bevor wir das letzte Streckenstück in Angriff nehmen, machen wir noch ein Foto am Ledrosee, dann geht es weiter zu unserem Urlaubsort Brenzone sul Garda. Tremosine haben wir abgewählt und die Fährfahrt von Limone hinüber nach Malcesine auch. Es ist heiß, beides würde uns zu lange dauern, wir fahren direkt nach Riva und dann – auf italienische Art – immer am See entlang bis zu unserem Urlaubsdomizil. So durchpflügen wir schnell die alltäglichen Staus vor einem Einkaufszentrum in Riva und am großen Kreisverkehr in Torbole und erreichen am späten Nachmittag das Piccolo Hotel, vor dem die Aprilia eine wirklich gute Figur macht.

Endlich mal ein italienisches Motorrad vor dem Hotel, bisher standen dort vor allem BMW-Maschinen. Am nächsten Tag werden wir sie zu Riccardo zurückbringen – mit Dank für ein Bike, das allen Situationen gewachsen war, dem auch wir gewachsen waren und das im Reigen der nicht superschweren Reiseenduros leicht seinen Platz finden sollte – neben Maschinen wie der 700er Tenere von Yamaha. Ihr hat die „Touareg“ jede Menge Elektronik voraus, ihren Namen muss sie sich aber erst noch machen. Brenzone/csp

Eine Aufforderung: Aprilia positioniert sich mit diesem Spruch, beim Start der Maschine auch im Display. PS: Die Gumminippel wollten wir ganz bewusst nicht kaputt machen. 😉

2 Kommentare

  1. Thoralf W. Thoralf W.

    Hallo, auch wir haben im letzten Oktober bei Riccardo PR Moto ein Bike geliehen, allerdings die etwas größere Ducati. Mit Anlieferung und Abholung am Hotel in Garda hat alles super funktioniert. Wenn man sich an die italienische Fahrweise gewöhnt hat, geht auch rund um den Gardasee. Empfehlen kann ich die Panoramastraße östlich des Monte Baldo. Gruß aus Chemnitz
    Thoralf

    • Christoph Springer Christoph Springer

      Die „Multistrada“ stand auch da. Aber wann bekommt man schon mal eine fast fabrikneue Aprilia…

Kommentare sind geschlossen.