Die Route war in Arbeit, das Ziel stand fest. Doch dann machte Covid 19 einen Strich durch die Tourplanung. Trotzdem wurde es ein schöner Ausritt.
Drei Motorradfahrer, zwei Tage, ein Ziel: Die wenige Freizeit bestmöglich nutzen, die letzten Spätsommertage genießen und gemeinsam fahren. Es ist trotz Corona gelungen, dies vorab. Aber es war etwas anstrengend, zuvor zu planen. Das kennen sicherlich viele Biker in diesem Jahr…
Der Kreis Ústí in Nordböhmen war als Ziel geplant, die Pension am Südrand der Böhmischen Schweiz schon gebucht, samt Anzahlung war alles klar, als Zwischenziel war der Ještěd (Jeschken) auserkoren. Doch mittwochs gibt das Robert Koch-Institut regelmäßig bekannt, welche Länder und Gegenden neue Risikogebiete sind und die Situation in Tschechien war uns zu bedrohlich. Was, wenn die Risiko-Info kommt, während wir noch dort sind?
Am Tag vor der Abfahrt haben wir umgeplant. Die Tour am Dienstag nach Norden und Osten, das Zwischenziel in Brandenburg, Übernachtung in Polen, danach am Mittwoch durch Ostsachsen zurück nach Dresden. Geht auch, wenn auch weniger Kurven und Berge die Folge waren. Doch dazu später mehr.
Es passt alles am Startmorgen. Der Wettergott ist uns hold, zwei Tage Spätsommer sind angesagt und so startet das Trio auf einer geliehenen Triumph Scrambler 1200 XE, auf einer betagten, aber top gepflegten 750er Honda Africa Twin und einer MZ 1000 SF am Vormittag Richtung Lichterfeld-Schacksdorf. Die Förderbrücke F60, die dort in der ehemaligen Tagebaulandschaft steht, ist als Zwischenziel geplant. Die Strecke führt erst einmal durch Dresden, dann über Moritzburg, Radeburg, Königsbrück, Schwepnitz und Schwarzheide in das kleine Dorf südöstlich von Finsterwalde. Die Straßen? Fast immer bestens, mitunter nur viel zu gerade, was in dieser Region natürlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass Gemeinden, die die Tagebauzeit überleben sollten, mitunter durch neue Straßen verbunden wurde, die den Braunkohle-Mondlandschaften möglichst wenig im Weg sein sollten. Kurven? Nein, danke. Der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist immer noch die Gerade. Aber fahren ließen sie sich trotzdem perfekt.
Am Zwischenziel angekommen entscheiden wir uns gegen die geführte Besichtigung der Förderbrücke (12,50 Euro pro Person) und für das einfache Besichtigungsticket für 2,50 Euro. Wir wollen schließlich noch weiter und Bockwurst samt Kaltgetränk auf der Aussichtsterrasse neben dem Maschinenmonster kommen uns da gerade recht. So bleibt es bei einer knappen Stunde Pause, bevor wir uns gegen Osten wenden. Quer durchs ehemalige Tagebaugebiet mit Orten wie Großräschen, Lieske und Bluno geht es weiter. Am Sedlitzer See, einem ehemaligen Braunkohleloch, das eine „blühende Landschaft“ für Erholungssuchende werden soll, halten wir das nächste mal. Kaffee am Seeufer, verspricht der Parkplatz rechts neben der B156. Es wird Kaffee an einem Bauzaun zwischen uns und dem Seeufer. Dort wird noch gebaggert für einen neuen Strand.
Das weithin sichtbare Kraftwerk in Schwarze Pumpe lassen wir danach rechts liegen, Spremberg ist schnell passiert. Manche Orte – Beispiele sind unter anderem Schwarzheide und Spremberg – überzeugen uns schon bei der zügigen Durchfahrt davon, dass dort Menschen mit ausgesprochen sonnigem Gemüt leben müssen. Weshalb? Seht Euch die Gemeinden selbst an, die sich nach DDR-Wirtschaft, Braunkohle und Strukturwandel ständig neu erfinden müssen. Das ist sicher alles andere als ein leichtes Unterfangen.
Bad Muskau, unser Reiseziel, empfängt uns dagegen mit fast schon malerischer Schönheit. Dieser Ort hat aber auch einen festen Platz in den Tourismus-Huldigungen des Freistaats Sachsen. Der Pückler-Park ist das Highlight der Grenzstadt, wir haben ihn uns mit dem Gedanken an kaltes Bier geschenkt und sind gleich weiter zu unserem Hotel auf polnischer Seite. Es befindet sich einen knappen Kilometer hinter der Grenze, gleich neben einer Aral-Tankstelle. Eher weniger schöne Lage? Kann man denken. Der Name: Hotel Mużakowski. Das Haus belehrt uns eines Besseren. Topzustand, perfektes Essen, Klasse-Service und dazu unschlagbare Preise (36 Euro pro Person mit ausgiebigem Abend-Essen, allen Getränken und reichlichem Frühstück) überzeugen sofort. Die Motorräder parken auf dem Hotel-Stellplatz im Visier mehrerer Überwachungskameras. Die Straße von Bad Muskau zum Hotel führt mitten durch den polnischen Nachbarort der Parkstadt, vorbei an Wellblechbuden mit Billigmode, Zigarettenverkauf und Pflanzenläden. Nein, das ist nicht sehenswert, höchstens für Besucher, die so etwas noch nie gesehen haben und die nicht glauben wollen, dass man dort noch immer Unkrautvernichter auf Glyphosat-Basis kaufen kann.
Am nächsten Tag müssen wir schon wieder nach Hause. Diese weniger schöne Vorstellung machen wir mit einer tollen Fahrstrecke platt. Zuerst einmal immer an der Neiße entlang Richtung Süden. Der Straßenbelag ist perfekt, die Piste führt über kleine Hügel und weite Kurven zwischen der Grenze und dem Truppenübungsplatz Oberlausitz nach Rothenburg. Dort befindet sich die sächsische Polizeihochschule im Niemandsland. Links neben der Straße liegt das Hochschulgelände und die Abgeschiedenheit ist vielleicht auch eine Erklärung dafür, dass manche Polizeischüler dort schon auf dumme Gedanken gekommen sind. In Lodenau gönnen wir uns beim Bäcker einen großen Kaffee, dann geht es weiter Richtung Görlitz. Die Stadt mit der Landskron-Brauerei durchqueren wir aber nicht, wir bleiben westlich davon. überqueren die A4 und wenden uns nach Löbau. Dabei nehmen wir die B6, um rechtzeitig am Mittagsziel zu sein. Wir wollen in der Turmgaststätte auf dem Löbauer Berg essen. Dort kann man mit dem Motorrad fast bis an den Tisch neben dem König-Friedrich-August-Turm fahren. Danach bietet sich die Möglichkeit, die eben genossenen Kalorien mit einer Turmbesteigung wieder abzutrainieren. Wie wollen das gute Essen aber länger in Erinnerung behalten und fahren gleich weiter.
Zurück ins Heimrevier wird der Blick aufs Navi immer weniger wichtig. Durch Oppach, Sohland an der Spree und Steinigtwolmsdorf fahren wir nach Neustadt/Sa. Dort empfängt uns die Sächsische Schweiz mit einer gesperrten Verbindungsstraße Richtung Hohnstein. Deshalb weichen wir über Sebnitz und dann durchs Tal über Ulbersdorf, Lohsdorf und Ehrenberg aus. Eine wunderschöne Strecke, die sehr dazu animiert, am Hahn zu ziehen. In Hohnstein nehmen wir natürlich die Serpentinen, schließlich ist die berühmte Strecke durchs Polenztal und wieder hinauf zur Hocksteinschänke nur an Wochenenden für Motorradfahrer gesperrt.
Das Lokal an der ehemaligen Rennstecke sollte eigentlich noch ein Kaffeestop sein. Doch die Wetterapp sagt: 80prozentige Regenwahrscheinlichkeit in einer reichlichen halben Stunde. Deshalb gehts gleich weiter und auf dem denkbar kürzesten Weg zurück nach Dresden. Die ersten Tropfen treffen uns schon nach wenigen Kilometern, in Lohmen hat es schon ordentlich geschüttet, als wir den Ort nahe der Bastei passieren. Dafür scheint kurz wieder die Sonne. Bei Pirna erwischt uns schließlich Nieselwetter und bis Dresden nimmt das Tröpfeln weiter zu, bis es in der Stadt schließlich ein richtiger Herbstregen ist.
Das Fazit: Am Ende haben die Motorradklamotten noch trocken gehalten. Und bei uns macht sich das Gefühl breit, wirklich die letzten schönen Tage erwischt zu haben. Die Tour selbst war am ersten Tag in Ordnung und am zweiten Tag richtig toll. Das lag vor allem am Unterschied der durchfahrenen Gegenden. Am Abend hat das Robert Koch-Institut schließlich ganz Tschechien bis auf den Kreis Ústí zum Corona-Risikogebiet erklärt. Wir hätten also fahren können. Und trotzdem gibt es keine Frage: Alles richtig gemacht. Verschoben ist ja nicht aufgehoben… Dresden/csp
Hier die wichtigsten Links:
Zur Museums-Förderbrücke F60 geht es hier im Internet. Der berühmte Park in Bad Muskau ist hier zu finden. Das Hotel Mużakowski hat auch eine deutschsprachige Internetseite. Und selbst die Gaststätte am König-Friedrich-August-Turm könnte man als Übernachtungsort auswählen, denn neben gutem Essen gibts dort auch mehrere Gästezimmer.