Ist das richtig, ist das der neue Megatrend und ist die super-erfolgreiche deutsche Motorradschmiede der Konkurrenz damit (wieder) einen Schritt voraus? Oder sind die irre?
Klotzen statt kleckern war BMW-Thema bei der Sachsenkrad – hier zum Beispiel 2018. Dieser Ausblick bot sich vom Dach des BMW-Stands. Ist es damit nun vorbei? Foto: Archiv
Das schlug ein: Am 25. Januar verkündete BMW in einer Pressemitteilung, dass sich die Marke künftig nicht mehr auf der EICMA in Mailand und der Intermot in Köln blicken lassen will. „Neue Live- und Digitalformate treten bei BMW Motorrad zukünftig verstärkt an die Stelle traditioneller Messeauftritte“ heißt es in der Mitteilung, die von Tim Diehl-Thiele und Jennifer Treiber-Ruckenbrod kam. Beide leiten zusammen die Kommunikation bei BMW Motorrad.
Eine Hammermeldung. Damit verabschiedet sich eine der stärksten Marken, traditionell sogar eines der Zugpferde bei fast jeder europäischen Motorradmesse, von den zwei wichtigsten Leistungsschauen. Und es könnte so weitergehen. „Optimierte Kommunikation durch neue Live- und Digitalformate“ ist der neue Trend bei den Bayern, es ist von einer „Neuausrichtung der Kommunikationsstrategie“ die Rede. Damit sei es möglich, „zukünftig noch mehr Menschen weltweit für Produkte und Angebote von BMW Motorrad zu begeistern und sie optimal zielgerichtet anzusprechen“, meint Markus Schramm, Leiter BMW Motorrad.
Und noch einen Grund nennt die Münchner Kommunikationsabteilung für die „Neuausrichtung“. Sie ermögliche eine „flexiblere zeitliche Platzierung von Weltpremieren und Produktvorstellungen“. Im Klartext: Es war den Bayern zuletzt zu stressig, Neuheiten in messereifem Zustand jeweils zu den Ausstellungsterminen fertig zu haben. Einen Lichtblick gibts am Ende der Mitteilung. Dort heißt es, BMW Motorrad werde sein Produktangebot „weiterhin auf ausgesuchten regionalen Motorradmessen den Besuchern präsentieren“.
Aber was sind „ausgesuchte regionale Messen“? Die Motorradmesse in Leipzig, die Sachsenkrad in Dresden? Ist die eine vielleicht zu groß und die andere zu klein, um in Zukunft eine solche „ausgesuchte Messe“ zu sein? Meldungen dazu gibt es noch nicht. Allerdings meldeten sich in der vergangenen Woche die Verantwortlichen der EICMA zu Wort. Dort könne man „die Leidenschaft anfassen und erleben“, erklärten sie. Das kann man als Replik auf die Ankündigung aus München verstehen. Kollege Stephan Krückel von „World of Bike“ meint: „Die Mailänder Leistungsschau tut, was sie angesichts des grassierenden Digital-Hypes tun muss: Den Wert einer Messe für Kunden und Branche betonen – gerade wenn es um das „emotionale Produkt“ Motorrad geht.“
Mir fehlen angesichts der Münchner Ankündigung ein wenig die Worte. Den Messe-Neuigkeiten ging die Nachricht voraus, dass die BMW Motorrad Days künftig nicht mehr in Garmisch-Partenkirchen stattfinden sollen. Nach 18 Jahren am Rand der Alpen – wohlgemerkt im BMW-Heimatland – zieht das weltweit größte BMW-Treffen in diesem Jahr nach Berlin um – in die Heimatstadt von BMW Motorrad. Schließlich würden dort die meisten Motorräder der Bayrischen Motoren Werke Aktiengesellschaft gebaut, begründeten die Verantwortlichen den Ortswechsel.
Vom gemütlichen, stets aus allen Nähten platzenden Garmisch ins hippe Berlin? Von analogen Leistungsschauen wie in Mailand und Köln in die digitale Welt? Der Begriff „stromlinienförmig“ fällt mir dazu ein. Passt der Vergleich einer Bundesliga ohne Bayern München? Von James Bond-Filmen mit einer digitalen Figur anstelle von Daniel Craig? Von Modenschauen ohne echte Models, die man(n) anhimmeln kann? Von Schweinshaxe für Vegetarier? Beide Entscheidungen treffen auch arbeitende Menschen. Diejenigen, die jeweils vor Ort für die Logistik, die Besucherbetreuung, für das Drumherum zuständig waren. Und diejenigen, die in den BMW-Motorradhäusern dafür sorgen, dass die neuen Maschinen an die Frau und den Mann kommen. Denn Besuche der Leitmessen waren für sie zwar immer auch mit Stress verbunden, aber eben gleichfalls ein Highlight im Arbeitsalltag. Klar, künftig werden nun die BMW-Fahrer in Berlin betreut und viele Messebesucher im Internet. Das schafft auch wieder Arbeitsplätze. Aber es geht mehr als ein Stück uriges Leben verloren.
Gewiss haben die Verantwortlichen in München darüber nachgedacht und mit Gegenwind gerechnet. Sie lagen bei vielen, vielen Entscheidungen goldrichtig, zeigt der Erfolg der Marke. Vielleicht liegen sie auch dieses Mal richtig? Vielleicht gibts künftig keine Motorradmessen mehr, auf denen man die Bikes auch anfassen und vielleicht sogar ausprobieren kann? Bitte, hier ist Platz für mehr Motorrad – virtuell. Aber es gefällt uns trotzdem nicht. Dresden/csp