Die letzte Etappe der Motorradtour Richtung Osten steht bevor. Aber erst einmal muss noch ein Stück Rügen erobert werden.

Der Tag beginnt mit Sonne und einem Kaffee auf der Terrasse des Hotels Am Ostseegarten. Der Blick von der Steilküste auf den kleinen Hafen des Dorfs und hinüber nach Kap Arkona ist atemberaubend, auch wenn sich das Kap noch im Morgendunst versteckt. Margret Hoenig, die Inhaberin des Hotels, gehört zu den Lohmern, die sich gegen ein Neubauprojekt stemmen, das hunderte neue Hotelbetten verspricht. Dafür soll das Wahrzeichen von Lohme fallen, die vier großen Sendemasten von Rügenradio. Sie stehen auf einer Kuppe hinter dem Ort. Einer ist schon weg, weil die Telekom, der das Grundstück gehört, dafür einen neuen Mast gesetzt hat. 70 Prozent der Einwohner sind gegen das Neubauprojekt, sagt sie und ist guter Hoffnung, dass der kleine Ort nicht „zubettoniert“ wird. Dennoch fallen Bauarbeiten auf. Gleich neben dem Hotel modellieren zwei mächtige Bagger die Steilküste. Dort ist mal ein Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung mit einem Traktorgespann verunglückt, berichtet die Hotelbesitzerin. Er bugsierte auf seinem Anhänger ein Boot den steilen Weg hinunter zum Hafen und ist dabei mit der gesamten Fuhre umgekippt. Ein Kollege wurde dabei schwer verletzt. Jetzt wird der Weg erneuert und der Hang daneben befestigt.

Um 10 Uhr verabschiede ich mich von der rührigen Hotelchefin und fahre nach Sassnitz. Die Strecke führt gleich über eine herrlich kurvige und bestens präparierte Straße. Die zehn Kilometer durch den Nationalpark Jasmund bis zur Hafenstadt im Nordwesten Rügens sind ein Vergnügen. Am Hafen überrascht mich dann eine Frau, die eigentlich für Schiffsausflüge zu den Kreidefelsen wirbt. Klar, sie will auch mich für einen solchen Ausflug gewinnen. Ich lehne ab, dennoch zeigt sie mir eine superguten Motorradstellplatz. Verbunden mit dem Hinweis, dass das Ordnungsamt der Stadt dort, wo ich die Maschine gerade abstellen will, auch Strafzettel an Zweiräder hängt. Der Stellplatz befindet sich gleich am ersten Hafenbecken in einer kleinen Senke. Man muss nur zwischen zwei mächtigen Steinen hindurch manövrieren und kann die Maschine dann mitten im Hafentrubel parken. Gut sichtbar von vielen Kneipen und Cafes aus, was manchem Motorradfahrer ja durchaus wichtig sein soll.

Von Sassnitz aus, dem vielleicht nördlichsten Punkt dieser Reise (oder war das eher Lohme?) fahre ich Richtung Süden, an Prora mit seinen KdF-Bauten aus der Nazizeit vorbei (das finde ich gar nicht sehenswert), weiter nach Binz und von dort in Richtung Mönchgut. Ich selbst war in meiner Kindheit nie dort im Urlaub, erinnere mich aber sehr gern an einen Sommerurlaub, den ich dort in einer reetgedeckten Finnhütte mit einer heutigen Kollegin und ihren Zwillingen erlebt habe. Die Regeln sind streng in dieser kleinen Ferienanlage bei Gager. Das Grillen mit Holzkohle ist verboten, wohl der Brandgefahr wegen. Noch nicht einmal betreten darf man das Gelände, ist man dort kein Mieter. Ich werde behaupten, dass ich eine Hütte mieten will, nehme ich mir vor, während ich durch die Siedlung laufe. Niemand begegnet mir.

Das nächste Ziel ist die Fähre von Glewitz nach Stahlbrode. Auf dem Weg dorthin stoppe ich kurz in Lancken-Granitz, wo das ehemalige Pfarrhaus in den Kindheitserinnerungen meines Vaters eine wichtige Rolle spielt, und halte danach im Hafen Lauterbach. Dort war ich auch schon mehrfach als Segler zu Gast – eine schöne Erinnerung. Die Fähre aufs Festland ist so etwas wie ein Abschiedsschiff. Etwas Wehmut macht sich breit, je weiter sie sich vom Anleger in Glewitz entfernt.
Inzwischen drängt die Zeit. Zwischen 16 und 17 Uhr komme ich in


