Motorrad

Zwei Talsperren und kein Ausblick

In unregelmäßiger Folge gibt es in diesem Blog Tourentipps für Motorradfahrer. Im Mittelpunkt steht dabei das Hausrevier Dresdner Motorradfahrer. Eng gefasst gehören dazu die Westlausitz, die Lößnitz und die Lommatzscher Pflege, die Region um den Tharandter Wald, das Osterzgebirge und die Sächsische Schweiz. Weiter gefasst reicht es bis ins polnische und tschechische Riesengebirge, über den Spreewald hinaus, bis ins Westerzgebirge und tief nach Böhmen hinein.

Das Mückentürmchen, das Streckenziel auf dieser Tour, umweht von Wolken aus Böhmen.

Saisonkennzeichen müssen bestmöglich genutzt werden. Noch 28 Tage bleiben den meisten, die sich solch ein Kuchenblech an die Maschine geschraubt haben. Strahlt Klärchen wie gestern, gibt es also kein Vertun, es ist Zeit für eine Herbsttour. Die Strecke führt zunächst in Richtung Südwesten.  Für den Start wählen wir die Bundesstraße Richtung Altenberg. Seit die Autobahn 17 bis nach Tschechien führt, ist die „170“ wieder eine durchaus annehmbare Piste für den schnellen Einstieg ins Osterzgebirge.

Wir fahren sie bis Oberhäslich und halten uns am Ortsende rechts in Richtung Malter. So erreichen wir schon nach weniger als einer halben Stunde die gleichnamige Talsperre. Die kleine Straße führt direkt über die Staumauer, vorbei an vielen schönen Fotopunkten mit immer neuen Ausblicken auf die Talsperre.

Im goldenen Herbstwetter lockt die Talsperre Malter zu einem Halt.

In Paulsdorf lassen wir sie links liegen und biegen ab Richtung Ruppendorf. So umfahren wir Dippoldiswalde im Westen und gewinnen über Röthenbach und Hartmannsdorf-Reichenau beständig an Höhe. An diesem Herbstsonntag wird es dabei auch stetig windiger. Über Frauenstein stürmen Wolkenfetzen nach Norden, wir steuern weiter nach Süden in Richtung Rechenberg-Bienenmühle. Kurz vor Nassau wird klar – die Wolkenfetzen über Frauenstein kommen aus Tschechien. Dort staut sich eine riesige Wolkenfläche am Ergebirgskamm. Kurz gerät sie in Vergessenheit, als wir uns auf der Neuhausener Straße aus dem Muldental in „Rechenberg“ in Richtung Deutschgeorgenthal katapultieren. Die Straße fühlt sich tatsächlich an wie der Einstieg ins Hochgebirge, doch es kommt noch besser – später. Zunächst macht sich Ernüchterung breit auf den letzten Kilometern nach Deutschgeorgenthal. Schlaglöcher, Asphaltflicken, das Vorderrad der Maschine verliert immer wieder die Bodenhaftung.In Deutschgeorgenthal fahren wir über die Grenze und erreichen auf der Strecke nach Litvinov (Oberleutensdorf) nach etwa fünf Kilometern die Talsperre Fláje. Von der ist fast nichts zu sehen an diesem Tag, denn reichlich 750 Meter über dem Meeresspiegel wabern dichte Wolken über der wilden Wasserfläche.

Ungemütlich ist es bei dieser Tour an der wolkenverhangenen Talsperre Fláje.

Die feuchte Wolkenwatte versteckt auch den Naturpark Loucenská hornatina. Erst als sich die Straße nach Litvinov ins Nordböhmische Becken senkt, taucht die Umgebung mehr und mehr aus der Suppe. Grau, kein bißchen golden ist dieser Herbsttag auf tschechischer Seite. So wird noch deutlicher, wieviel am Zisterzienserkloster Osek noch immer restauriert werden muss.

Nur etwa 15 Kilometer sind es nun noch bis Krupka (Graupen) und dem fahrerischen Höhepunkt dieser Tour. Wir passieren den Ortseingang und biegen nach etwa 750 Metern nach links auf die Husitská ab, die nach Fojtovice (Voitsdorf) führt. Knapp fünf Kilometer liegen nun vor uns mit 20 schönen Kurven bis zum Mückentürmchen. Sechs davon sind Serpentinen. Die Strecke führt im Ort steil bergan und windet sich dann im Wald zum Erzgebirgskamm. Gas auf, Adrenalinhahn öffnen und nicht so häufig an die Blätter auf der Straße denken! Hemmungslos lässt sich durch den Wald nach oben schrappen, die Angstnippel unter den Fußrasten kratzen in den Kurven Furchen in die Straße. Es wird kälter während der Fahrt auf reichlich 800 Meter Höhe, aber das ist bei diesem Tanz auf den Gebirgskam kaum zu spüren. Nur Minuten später erreicht die Straße ihren höchsten Punkt, von dort führt eine kurze Stichstraße nach rechts auf den Komárí hurka, den Mückenberg. Ankommen, Maschine abstellen, durchatmen. Kaum ein Geräusch durchbricht die Stille. Nur der Wind rauscht leise über den Berg und der Motor knistert. Die Wolken geben leider selten den Blick ins Tal nach Teplice (Teplitz) frei.

An warmen Sommertagen herrscht Hochbetrieb am Mückentürmchen. Autofahrer treffen dort auf Radfahrer, die den beschwerlichen Weg nach oben tatsächlich mit Muskelkraft bewältigen, Wanderer stehen neben schweren Motorrädern, die gleich am kleinen Gästegarten abgestellt werden. Das schnarrende Geräusch der Sesselbahn, die von Graupen zum Mückentürmchen führt, untermalt das Treiben. Draußen gibt es dann Bier, Limo, Cola und typisch tschechische Wurst (mit Senf und Meerrettich). Heute, bei nicht viel mehr als fünf Grad, lockt die Wärme der Gaststube und es gibt Kaffee.

Im Wolkennebel wirkt das Mückentürmchen wie eine verwunschene Burg.

Der Rückweg nach Dresden führt über Zinnwald, Geising und das Müglitztal. Ohne größere Mühe lässt sich dabei eine Gruppe Motorradfahrer aus dem brandenburgischen Flachland vom ortskundigen Chopperfahrer überholen. Die Gäste biegen schon nach wenigen Kilometern im Müglitztal nach rechts zur Lauensteiner Serpentine ab. Sie können nicht wissen, dass ein Stück weiter unten eine viel schönere Strecke aufs Plateau südlich des Tals führt. Ein letztes Mal verleitet sie auf dieser Tour, die Schräglagenfreiheit der Maschine zu testen, bevor wir uns dann über Börnchen, Dobra und Zehista gen Dresden wenden.

  • Streckenlänge knapp 200 Kilometer, Besichtigungen lohnenswert an der Talsperre Malter, der Talsperre Fláje und im Kloster Osek.
  • Ziel und Restauranttipp: Mückentürmchen, Restaurant mit Übernachtungsmöglichkeit, geöffnet täglich (Stand Oktober 2010), Preisbeispiele: Rindsgulasch oder Sauerbraten mit Knödeln 85 Kronen, Kaffee 35 Kronen.
  • Kaum Tankstellen an der Strecke, mit Ausnahme der Region um Dubi (Eichwald) und in Dubi u.a. an der Ortsausfahrt in Richtung Süden.